NOMOS-Langzeittest: Zehn Jahre NOMOS Tangomat

2014 begann ich mich für Uhren und deren Technik zu interessieren und 2015 fand meine erste „richtige“ Uhr den Weg zu mir. Es war eine NOMOS – allerdings nicht das bekannteste Modell Tangente, sondern die Automatikvariante Tangomat. Seit zehn Jahren besitze und trage ich diese Uhr nun schon. Zeit also, mit der Tangomat auf dieses Jahrzehnt zurückzublicken, die schönsten Erinnerungen auszugraben, aber auch negative Aspekte dieses Modells der deutschen Vorzeigemarke zu diskutieren.

Meine erste „richtige“ Uhr – Nomos Tangomat Ref. 601
Die minimalistischen, vom Bauhaus inspirierten Designs, die Geschichte der relativ neuen Marke (gegründet 1990) und natürlich die hohe Fertigungstiefe der Uhrwerke haben NOMOS Glashütte schon früh in meinen Fokus gerückt. Damals, im Jahr 2014, sah die NOMOS-Welt noch ganz anders aus: Zwar hatte das Unternehmen mit dem „Swing-System“ (einer eigenen Hemmungsmontage) bereits begonnen, sich von großen Zulieferern unabhängig zu machen, doch basierten die Kaliber der Marke noch zu großen Teilen auf historischen Konstruktionen. Das änderte sich erst mit der Einführung der Neomatik-Werke bei NOMOS im Jahr 2015.

Ich sage „zu großen Teilen“, weil das im Tangomat verwendete NOMOS-Werk Epsilon bereits ein Werk mit viel Eigenarbeit war. Das Basiskaliber, das ein modifizierter Nachbau des Handaufzugswerks ETA Peseux 7001 ist und in seiner klassischen, manuellen Variante in der Tangente zum Einsatz kommt, wurde für den Tangomat zu einem Automatikwerk umgebaut. Wer mehr über die Geschichte der NOMOS-Kaliber und ihre Details erfahren möchte, kann sich diesen Artikel von mir anschauen. Ohne hier näher ins Detail zu gehen: Das Kaliber Epsilon ist ein optisch sehr ansprechendes Werk, das mit allen besten Glashütter Eigenschaften wie verzierter Dreiviertelplatine, Glashütter Gesperr und Glashütter Sonnenschliff aufwartet. Von vorne ist die Tangomat kaum von der Tangente zu unterscheiden. Vergleicht man die Tangente 38 mit der knapp über 38 mm großen Tangomat, fällt das Plus an Höhe der Tangente auf. Letztere hat eine Höhe von 8,3 mm und ist damit rund 1,5 mm höher als die Tangente. Das klingt nicht viel, reicht aber aus, um sie eher zylindrisch als schlank und elegant wie die Tangente wirken zu lassen. Die Referenz 601 hingegen ist die minimalistischste, dezenteste Version der Tangomat, die es auch mit Datum oder als GMT-Modell gab und gibt. Mein 2015er-Ich war jedenfalls überzeugt, dass es genau diese NOMOS sein soll. Würde ich mich rückblickend – mit unzähligen anderen bekannten und weniger bekannten Marken im Hinterkopf – anders entscheiden? Möglicherweise. Bin ich mit meiner damaligen Wahl noch immer zufrieden? Auf jeden Fall! Und warum das so ist, erfahrt ihr in meinem Bericht weiter unten.

Zehn Jahre mit der NOMOS Tangomat
NOMOS Tangomat, Bilder: NOMOS Ich denke, ich spreche für die meisten von uns, wenn ich sage, dass man seine erste mechanische Uhr am Anfang besonders pflegt, bis man sich an sie gewöhnt hat – so wie man es als Kind mit brandneuem Spielzeug gemacht hat. Trotz fast täglichem Tragen – andere Uhren besaß ich damals noch nicht – überstand die Tangomat meinen Alltag mit Bravour, vielleicht auch dank dieser anfänglichen Vorsicht. Tatsächlich gab es bis heute kein einziges technisches Problem mit der Uhr – keine äußeren Beschädigungen, keine Probleme mit der Ganggenauigkeit. Aus diesem Grund, das muss ich an dieser Stelle gestehen, habe ich die Uhr bis heute nicht warten lassen. Zwar hat sich ihre Tragezeit im Laufe der Jahre stetig verringert, da andere Uhren den Weg in meine Sammlung gefunden haben, aber das ist immer noch eine beachtliche Laufleistung. Ohne penibel gemessen zu haben, kann ich außerdem sagen, dass selbst die Ganggenauigkeit nicht negativ auffällt. Falls das hier jemand von NOMOS liest: Gute Arbeit mit dem Kaliber Epsilon! Ich hoffe, man verzeiht mir, dass ich warte, bis die Uhr tatsächlich Auffälligkeiten zeigt, bevor ich sie zur Wartung einschicke. Das war auch der Rat, den mir der Senior-Manager des Ladens nach meinem Kauf gab: „Die Uhr sagt Ihnen, wann sie gewartet werden muss.“ Das habe ich seither mit allen meinen mechanischen Uhren so gemacht. Marken wie Rolex und Oris werben heute offiziell mit Wartungsintervallen von zehn Jahren, was vor wenigen Jahren noch undenkbar war – obwohl es auch damals für eine Vielzahl von Uhren ausgereicht hätte. Um etwas Abwechslung zu schaffen, habe ich mir nach einigen Jahren ein Canvasband für die Tangomat besorgt, das ich derzeit hauptsächlich trage. Faszinierenderweise ist sogar das originale Pferdelederband aus Shell Cordovan noch gut erhalten und theoretisch noch verwendbar. Und das Gehäuse? Trotz der Politur von allen Seiten ist sie nach zehn Jahren nicht unansehnlich geworden. Natürlich gibt es einige Kratzer, sowohl kleine als auch große. Aber wer Uhren liebt und gerne trägt, sollte auch mal einen Kratzer in Kauf nehmen. Irgendwann werde ich die Tangomat wohl polieren lassen, aber wer weiß wann das sein wird.

Was mich an der Tangomat stört
Was beim ersten Tragen einer Tangomat sofort auffällt, ist, dass sie extrem laut ist. Und damit meine ich nicht das tickende Geräusch, sondern das Laufgeräusch des Rotors und ein Rasselgeräusch, wenn die Uhr geschüttelt oder angeklopft wird. Suchen Sie im Internet nach „Tangomat-Geräusch“ oder „Tangomat-Rasseln“ – Sie werden jede Menge verunsicherte Käufer finden. Ich erinnere mich, dass ich auf meiner ersten Uhrenmesse am Stand von NOMOS nach diesen Geräuschen gefragt und sogar den NOMOS-Kundendienst kontaktiert habe, wo meine Bedenken ausgeräumt wurden. Die Geräusche sind einfach auf die Konstruktion des Uhrwerks in Kombination mit den akustischen Eigenschaften von Gehäuse und Glas zurückzuführen. Das mag zunächst schockierend wirken, tut der Zuverlässigkeit der Uhr jedoch keinen Abbruch. Trotzdem sollte diese Eigenart bekannt sein und ich gehe davon aus, dass sich die aktuelle Variante der Tangomat DUW 5001 – im Wesentlichen das Epsilon von früher, aber mit einem hauseigenen Swing-System – nicht wesentlich unterscheidet. Erwähnenswert ist noch, dass ich mich im ersten Jahr über einen Makel bzw. Bearbeitungsspur am Sperrrad des Uhrwerks ärgerte, der durch den Saphirglasboden zu sehen ist. Diesen ließ ich innerhalb der Garantiezeit bei NOMOS reparieren. Heute, einige Uhren später, würde ich mich über solche Kleinigkeiten nicht mehr aufregen. Unvollkommenheiten sind in allen Branchen, mit wenigen Ausnahmen, keine Seltenheit. Ich habe gelernt, keine absolute Perfektion zu erwarten. Wer das tut, verbringt mehr Zeit mit Kundenservice und Warten als mit dem Tragen und Genießen seiner Uhr.

Die kurze Antwort wäre: fast alles! Die Maße waren und sind mit knapp über 38 mm absolut perfekt – nicht zu groß, nicht zu klein. Zum historischen Bauhaus-Design von Tangente und ähnlichen Modellen muss man nicht viel sagen. Es ist zeitlos und aufgeräumt. Das schöne, ansprechend verarbeitete Uhrwerk gefällt mir mit der Zeit immer besser. Meine anfängliche Enttäuschung, die Neomatik-Werke knapp „verpasst“ zu haben, ist der Erkenntnis gewichen, dass das NOMOS Epsilon das deutlich schönere Kaliber ist. Die Kanten des Gehäuses sind bis heute phänomenal anzufassen. Sie sind sehr scharf, aber nicht messerscharf – so wie es sein soll.

Versteh mich nicht falsch, wie wenig ich über die positiven Aspekte im Vergleich zu den negativen sage: Auch wenn ich sie dir nicht vorenthalten wollte, fallen mir die negativen Aspekte der Tangomat kaum ins Gewicht. Ich bin nach wie vor begeistert von dieser Uhr und froh, dass sie einer meiner ersten Schritte in dieses Hobby war. Wie lange sie bis zu ihrem ersten, wohlverdienten Service durchhält, bleibt abzuwarten.


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